Der Wechsel von einem ERP System zu einem anderen (oder moderneren) ist für Unternehmen ein komplexer Prozess. Wenn aber ein solcher Schritt, wie aktuell in vielen Unternehmen aufgrund externer Faktoren (Herstellerpolitik) unausweichlich ist, sollten die Verantwortlichen die damit verbundenen Chancen sehen, prüfen und im Idealfall ergreifen. Denn es gibt keine wirkliche Notwendigkeit im Rahmen einer 1 zu 1 Migration auch „historischen Anwendungsballast“ zu übernehmen – das würde sich ja auch irgendwie wie alter Wein in neuen Schläuchen anfühlen. Vielmehr bietet die Situation eine große Chance, die Unternehmens-IT insgesamt auf neue, agilere Beine zu stellen und sich von einseitigen Abhängigkeiten und monolithisch anmutenden IT-Strukturen zu verabschieden.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Dass ERP Systeme das Backbone eines Unternehmens sind, ist unbestritten. Doch liegt es bei der Überführung auf ein neues System nicht nahe, die Vorzüge des ERP Systems zu nutzen, aber die offensichtlichen Schwächen durch andere, besser geeignete Systemlösungen auszugleichen bzw. zu ergänzen? Das erhöht die Flexibilität, verringert Abhängigkeiten und kann insgesamt zu einer besseren und agileren IT-Architektur für das Unternehmen führen.

Was also spricht dagegen, das ERP außerhalb seiner „Kernkompetenzen“ um Best-of-Breed- oder Plattformanwendungen zu ergänzen? Wir meinen: Nichts!!!

Die Vorteile liegen auf der Hand. Durch den Einsatz von Best-of-Breed-Anwendungen oder Plattformlösungen kann ein Unternehmen spezialisierte Softwareprodukte auswählen, die auf seine spezifischen Anforderungen und Ziele einzahlen. Diese Lösungen sind oft hochspezialisiert und bieten eine optimale Leistung in ihrem jeweiligen Bereich. Indem man solche Anwendungen in das ERP-System integriert, kann man von den Vorteilen beider Ansätze profitieren.

Spezialisierte Softwareprodukte, Best-of-Breed oder plattformbasiert, sind auf bestimmte Geschäftsbereiche, Prozesse oder Funktionen ausgerichtet und generieren dort entsprechenden Nutzen. Beispielsweise könnte man solche Lösungen für die Unterstützung des Vertriebs, des Marketing oder von Service- bzw. Commerce-Prozessen einsetzen, da sie spezifische Anforderungen i.d.R. deutlich besser erfüllen als ein allgemeines ERP-System mit seinen generischen Erweiterungen.

Dabei ist keine starre, programmierte Verbindung zwischen den Systemen erforderlich. Zur Integration können beispielsweise APIs (Application Programming Interfaces), Integrationstools oder Plattformen genutzt werden, die die Kommunikation und den Datenaustausch zwischen verschiedenen Anwendungen erleichtern und die Flexibilität für Anpassungen erhalten.

Kombinationen aus ERP mit Best-of-Breed-Anwendungen oder Plattformlösungen ermöglicht es einem Unternehmen, maßgeschneiderte Lösungen zu schaffen, die den individuellen Anforderungen und Geschäftsprozessen gerecht werden ohne, wie in der Vergangenheit, aufwändige und kostentreibende individuelle (ERP-) Erweiterungen zu programmieren. Modulare Architekturen bieten die Flexibilität, neue Technologien und Innovationen zu nutzen, ohne das gesamte ERP System zu ändern.

Ein weiterer Vorteil einer solchen Strategie ist das Verteilen von (Projekt-)Aufwänden auf mehrere Schultern. Während sich die interne IT auf die Migration des ERP Systems konzentriert, können parallel weitere Projekte unter der Verantwortung der Fachbereiche angegangen werden. Die IT unterstützt punktuell, wird aber nicht zum Flaschenhals. So kommt das Unternehmen auch während der ERP Migration nicht zum Stillstand, sondern kann weitere Transformationsprojekte parallel vorantreiben.

So gesehen ist der Wechsel des ERP Systems eine große Chance, die man im Angesicht der Dynamik und Herausforderungen des Marktes als Unternehmen in jedem Fall sehen und prüfen sollte.